Die Straßen und Wege in und um Tharandt waren noch zu Anfang des vorigen Jahrhunderts von sehr übler Beschaffenheit, so daß der Verkehr zu Zeiten unmöglich gewesen ist. In der Stadt selbst haben in Ermangelung von Brücken die Wagen an mehreren Stellen durch die Schloitzbach fahren müssen und namentlich soll der Weg nach Freiberg im Grillenburger Walde grundlos gewesen sein. Die Tharandter Einwohner waren früher in das Kreisamt in Freiberg einbezirkt und eine Reise nach dort nahm einen ganzen Tag in Anspruch.
Zum Bau der Chaussee nach Freiberg hat die Stadt Tharandt 800 Taler beigetragen. Über den Zustand des Fahrwegs durch den Plauenschen Grund und in Tharandt im Jahre 1797 äußert sich Schlenkert u.a.: “aber hier (in Tharandt) sind beide Wege in jeder Jahreszeit und bei der trockenen Witterung gleich schlecht, bei der mindesten Nässe sogar abscheulich. Der Fußgänger muß mit großer Vorsicht und fester Haltung des Körpers über die zur Ausbesserung nachlässig hin geworfenen spitzen Flußsteine hinwegsetzen, um nicht abzugleiten und die These des schlammigen Bodens zu messen, indes der Kutscher seinen Wagen knurrend und fluchend durch die grundlose Fahrstraße rädelt, und jeden Augenblick ein Achse oder sonst etwas zu brechen befürchtet. Bei dem reichen Überfluß von Steinen und Kies in dieser Gegend wäre es wohl leicht, dieses häßliche Stück Weg duch die Auftreibung eines Dammes zu bessern, um die gerechten Klagen aller der Personen, die Tharandt zu Fuß und zu Wagen besuchen, zum Schweigen zu bringen. Und dies wird, wenn auch nicht eher, denn doch gewiß geschehen, wenn ein bedeutender Mann einmal an dieser Stelle verunglücken oder doch wenigstens in die Gefahr dazu kommen sollte.”
Bis zum Jahre 1818 vermittelte die Verbindung mit der Residenz nur ein Fußbote, namens Borrmann, un erst von diesem Jahre ab wurde zwischen Tharandt und Dresden wöchentlich eine dreimalige Fahrpost eingerichtet. Der damalige Besitzer des Erblehngerichts, Heber, war Posthalter. Die erste Eilpost von Dresden nach Freiberg ging am 1. April 1830 und wurde als ein großes Ereignis von den Tharandtern angestaunt. Seit Erbauung der Eisenbahn nach Freiberg hat Tharandt keine Fahrpost mehr.
Es ist bereits erwähnt, daß Tharandt seit Errichtung des Mineralbades und der Forstlichen Hoschschule sich rasch vergrößert und verschönert hat; bis zum Schlusse des 18. Jahrhunderts mag sein Äußeres wohl ein sehr bescheidenes gewesen sein. Eine Feuersbrunst am 3. August 1807 zerstörte die an der Marktseite stehende Häuserreihe, die in freundlicher Gestalt wieder erbaut wurde. Hierbei wurde durch Flugfeuer der Turm der Kirche in Brand gesetzt, welcher von oben herab ausbrannte und insodessen die Glocken zerschmolzen, die Kirche selbst blieb jedoch erhalten. Wie die ältesten Nachrichten besagen ist Tharandt wiederholt auch durch Überschwemmungen heimgesucht worden; so wird berichtet, daß 1544 das Hochwasser die Kirche, welche sich damals an der Stelle, wo das alte Rathaus stand, befand, “jämmerlich zerriß, 7 Häuser arg beschädigte und viele Menschen ersäufte”, ferner, daß im Jahre 1559 am 2. Mai die Wasserfluten die Kirchhofsmauern wegrissen und die Leichen weggeführt haben; wir bemerken hierbei, daß der Kirchhof sich damals auf dem Platze vor dem alten Rathaus befand. Im Jahre 1563 kam abermals eine Überschwemmung, riß mehrere Scheunen und Schuppen fort und unterwühlte die Pfarrerswohnung; die selbe befand sich damals an der Stelle, wo jetzt der Gasthof “Zum Hirsch” steht. Die Ursache dieser Überschwemmung mochte wohl darin ihren Grund haben, daß sowohl die Ufer der Weißeritz als auch die der Schloitzbach ungenügend befestigt und Brücken und Stege unregelmäßig angelegt waren. Die steinerne Brücke am Gasthof “Zum Hirsch” ist erst 1816 erbaut worden, die übrigen noch später.
Quelle: Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse, mit Loschwitzer Anzeiger, 11.09.1924